19. Oktober 2015

Flughafenverfahren, Transitzonen, Grenzzäune

"Sichere EU-Außengrenzen wünschenswert, aber die Realität sieht anders aus!"

  • Foto: Windmüller
    Der Vorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft Ernst G. Walter kommentiert die Diskussion um Flughafenverfahren, Transitzonen und Grenzzäune

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hat bekräftigt, dass sichere EU-Außengrenzen besser wären, als nationale Maßnahmen zur Grenzsicherung: "Ich wünschte mir, dass wir weder über Grenzzäune noch über Transitzonen nachdenken müssten, sondern dass Angela Merkel in Brüssel und in der Türkei erfolgreich ist", sagte Wendt. Zu der anhaltenden Diskussion um Flughafenverfahren, Transitzonen und der Errichtung von Grenzzäunen äußert sich auch der Vorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Ernst G. Walter, in dem nachfolgenden Kommentar:

Viele in Deutschland reden derzeit über Transitzonen und über die Anwendung des so genannten "Flughafenverfahrens" an der Landgrenze zu Österreich, aber nur wenige wissen wirklich, worüber sie da eigentlich reden.

 

Seit Mitte 1994 gibt es das "Verfahren bei Einreise auf dem Luftwege" gemäß § 18a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), besser bekannt als "Flughafenverfahren". Dieses kommt jedoch nur für die an der (Außen-)Grenze um Asyl nachsuchenden Ausländer in Betracht, die aus einem sicheren Herkunftsstaat anreisen und für solche, die sich nicht mit einem gültigen Pass oder Passersatz ausweisen. Weitere Voraussetzung für die Durchführung des "Asylverfahrens vor der Entscheidung über die Einreise" ist, dass die Unterbringung während des Verfahrens auf dem Flughafengelände möglich ist. Vor dem Hintergrund, dass dieses Flughafenverfahren in der Regel zwischen zwei und drei Wochen dauert, eine nicht unerhebliche Bedingung.

 

Warum dauert das Verfahren vor der Einreise so lange?

 

Nach der Entscheidung über den Asylantrag durch das BAMF (innerhalb von zwei Tagen) hat der abgelehnte Asylantragsteller drei Tage Zeit, ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren in Anspruch zu nehmen, über welches das zuständige Verwaltungsgericht innerhalb von 14 Tagen zu entscheiden hat.

 

Das ganze Verfahren funktioniert natürlich nicht ohne eine gesicherte Abgrenzung der entsprechenden Transitwege und Transitzonen auf Flughäfen, wobei es sich bei der Unterbringung auf dem Flughafengelände übrigens nicht um eine Inhaftierung handelt, denn die Asylantragsteller können die Einrichtung während des Verfahrens jederzeit Richtung Ausland verlassen, sie dürfen eben nur nicht nach Deutschland einreisen.

 

Nach dem Willen vieler Politiker aus der CDU/CSU soll dieses Verfahren nun auch an der Landgrenze eingeführt werden. Die Idee und das Signal, Asylanträge bereits vor der Einreise zu bearbeiten, sind grundsätzlich nicht zu beanstanden, aber geht das auch?

 

Rechtlich problematisch ist die Tatsache, dass es dort gar keine EU-Außengrenze gibt, denn an Flughäfen käme niemand auf die Idee, einen aus Wien anreisenden Ausländer in das Flughafenverfahren zu geben, denn er käme ja aus Intra-Schengen. Aber auch sehr praktisch betrachtet, würden sich noch viel mehr Probleme auftun. Im Gegensatz zum Flughafen wären an der Landgrenze eben nicht nur 20, 40 oder 120 Unterbringungsplätze zu schaffen, sondern bei den derzeitigen Migrationszahlen vermutlich Tausende, wie gesagt für jeweils zwei bis drei Wochen. Das BAMF würde innerhalb von je zwei Tagen unzählige Asylanträge zur Entscheidung auf den Tisch bekommen und die zuständigen Verwaltungsgerichte im Grenzraum müssten über tausende vorläufige Rechtsschutzverfahren entscheiden. Und schließlich müsste, wie dies auf den Flughäfen geschieht, zwingend sichergestellt werden, dass abgelehnte Asylsuchende anschließend nicht unkontrolliert einreisen.

 

Genau dieses Problem hat Rainer Wendt nun in den Medien thematisiert, indem er völlig zu Recht deutlich machte, dass Transitzonen an der Grenze zu Österreich, wenn man diese denn wirklich politisch einführen will, nicht ohne Zäune funktionieren werden, genau so wie Grenzkontrollen nicht wirklich Sinn machen, wenn man neben den Grenzkontrollstellen keine entsprechende Grenzsicherung durchführt. Wendts einfache Formel: "Ohne Zäune keine Transitzonen!" Ansonsten könnte ja jeder nach seiner Zurückweisung die Grenze neben den Transitzonen oder Kontrollstellen doch noch überschreiten und damit unerlaubt einreisen.

 

Nicht nur Regierungspolitiker, sondern auch hohe Vertreter der Opposition wie Cem Özdemir haben dies im Gegensatz zu anderen übrigens völlig richtig verstanden. MdB Özdemir sagte in der Tagesschau sinngemäß: "Wendt hat Recht, denn Transitzonen machen keinen Sinn wenn man rechts und links daneben einreisen kann."

 

Leider haben einige Medien und insbesondere natürlich unser Mitbewerber die Problematisierung der Umsetzung von Transitzonen gewohnt selektiv verkürzt als "Wendt fordert Grenzzäune" dargestellt und sich voller gespielter Empörung von der Forderung nach dem Bau von Zäunen in Deutschland distanziert. "SO WHAT?" Leider haben die bislang keinerlei verwertbare Vorschläge gemacht, sondern senden weiter die völlig falschen Signale wie die Forderung nach Abschaffung der Strafbarkeit der unerlaubten Einreise oder die Verharmlosung zu und von Ordnungswidrigkeiten. 

 

Eins ist Fakt: Wer will, dass solche Transitzonen funktionieren, der muss auch "ja" zu einer effektiven Grenzsicherung sagen, und das geht vermutlich nicht ohne Zäune, denn ohne eine Grenzsicherung sind Transitzonen und Grenzkontrollen letztlich sinnlos.

 

Es ist in der Tat nur sehr schwer vorstellbar, dass eine analoge Anwendung des Flughafenverfahrens mittels Transitzonen an einer Schengener Binnengrenze einschließlich einer wirkungsvollen Grenzsicherung tatsächlich durchführbar ist, zumal dafür weder genügend Bundespolizisten noch Verwaltungsrichter vorhanden sind.

 

Es geht aber zunächst darum, richtige Signale auszusenden, um die weitere Migration endlich zu begrenzen und dazu gehört auch, endlich einmal offen und öffentlich über die Beendigung der Schengen-Mitgliedschaft Deutschlands nachzudenken.

 

Wenn sich andere Schengener Vertragsstaaten weiterhin nicht an Dublin II halten und wenn eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen und Migranten in Europa weiter durch die Mehrzahl der EU-Staaten verhindert wird, dann wäre eine Begrenzung der weiteren unkontrollierten Zuwanderung vielleicht wirklich nur noch durch nationale Maßnahmen an den (dann Außen-)Grenzen Deutschlands nach dem Vorbild Großbritanniens nur durch lückenlose Grenzkontrollen und konsequente Zurückweisungen zu erreichen.